Kapellenweg

"Weg des Gedenkens" in den Firmiansdörfern Vorder-, Mitter-, Hinterfirmiansreut und Alpe

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Kapelle Neuhäusl © Gemeinde Philippsreut

Kein menschliches Leben ohne Erinnerungen

Sie sind die Bausteine, die das Fundament unserer Persönlichkeit prägen. Sie dürfen nicht verloren gehen, weil wir ansonsten wie Pflanzen ohne Wurzeln dastehen würden. Erinnern hat auch mit Verdanken zu tun, weil es uns ohne das Mitwirken vieler Kräfte gar nicht gäbe. Der Blick zurück dient dazu, um gefasst nach vorne schauen zu können. Wem man in Liebe und Verehrung gedenkt, dem setzt man in seinem Herzen ein Denkmal.

In der Gemeinde Philippsreut finden sich 3 Kapellen, ein Kreuzweg und mehrere Flurkreuze, Dank- und Sühnezeichen, im Volksmund allgemein Marterl genannt. Mit ihnen dokumentierten unsere Vorfahren ihren starken Glauben, ihren Dank für die Hilfe Gottes, Maria’s und anderer Heiliger in schwerer Not oder hielten die Erinnerung an Unglücksfälle und tödlich Verunglückte wach und empfahlen deren ”arme Seelen“ dem Fürbittgebet der Vorbeikommenden. Waren solche Unfälle oft für lange Zeit Tagesgespräch, so redete man ein zweites Mal darüber, wenn das Marterl gesetzt wurde und gab die Erinnerung daran an Kind und Kindeskind in der Stube beim Spinnen, Stricken und Federnschleißen weiter.

Aus dem Gefühl der Dankbarkeit dem Herrgott gegenüber erwuchs der Gedanke, wie sehr man auch denen verpflichtet ist, die uns in der Kette der Generationen vorangegangen sind. Unsere Vorfahren haben uns Heimat, Religion und Moral, Kultur und Brauchtum gehütet und weitergereicht. Ihnen zum Gedenken versucht der Arbeitskreis „Dorferneuerung Firmiansdörfer“ das noch vorhandene Wissen lebendig und wertvolles Kulturgut zu erhalten, spirituelle Orte zu schaffen, für Momente der Stille und Selbstbesinnung, um Kraft zu tanken, um Ruhe und Zeit zu genießen und Achtsamkeit zu erfahren. Es wurden die Marterl und Flurkreuze in Vorder-, Mitter- und Hinterfirmiansreut 2022/2023 sowie die Kapelle in Neuhäusl denkmalgerecht renoviert und Verweilplätze gestaltet. Beim Aufsuchen dieser Denkmäler, beim Spaziergang auf dem „Weg des Gedenkens“ die Gedanken schweifen lassen, auf einer Bank sitzen und die Schönheit der Landschaft aufsaugen, in die unsere Dörfer eingebettet sind,  macht sich Ruhe breit, außen wie innen.

Das internationale Aufmerksamkeit hervorgerufene Projekt des Schneekirchenvereins e.V. mit dem Bau einer Schneekirche im Jahr 2011/12 erinnerte an den Bau eines Gotteshauses aus Schnee im Jahre 1911 in Mitterfirmiansreut. Der Weg zur Kirche nach Mauth war damals in den strengen und schneereichen Wintermonaten oft beschwerlich bis unmöglich. Die Armut  und die fehlende finanzielle Unterstützung erweckte in den „Dörflern“ die Idee, mit ihrem Reichtum an Schnee eine Kirche zu bauen. Um Lichtmess 1911 herum, als der schneereiche Winter es zuließ,  hat man mit dem Bau begonnen, Ende März  fertiggestellt und erst im Mai schmolz das Gotteshaus unter der warmen Frühlingssonne wieder dahin. Dieses Werk unserer Vorfahren ist heute genauso lebendig wie damals.

Der „Kapellenweg“ ist ein Themenwanderweg, der die „Haidel“-Gemeinden Hinterschmiding, Grainet, Philippsreut, Haidmühle und Neureichenau verbindet und an vielen Bildstöcken, Flurkreuzen, Dorfkapellen sowie einigen Pfarrkirchen vorbeiführt.

Grenzüberschreitende Rundwanderungen zu den Marterln der ehemaligen Ortschaften Unter- und Oberlichtbuchet bzw. zu den Feldkreuzen auf dem Weg nach Fürstenhut und Buchwald – auf diesem Weg befindet sich auch der Pilgerweg „VIA NOVA“ nach Přibram – halten die Erinnerung auch an die Menschen im benachbarten Böhmerwald wach.