Frische Kräuter direkt aus dem Garten

Kleine Pflanzen, große Wirkung

Unterwegs mit Anette Lafaire, Gebietsbetreuerin im Naturpark Oberer Bayerischer Wald

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Kräuter im 
Naturpark Oberer Bayerischer Wald

Zum Thema Kräuter haben wir uns mit einer Fachfrau getroffen. Vor allem eine Fachfrau für Naturschutz und viele botanische Themen: Anette Lafaire, Gebietsbetreuerin im Naturpark Oberer Bayerischer Wald. Was bedeutet nachhaltiges Verhalten in Bezug auf diese kleinen wertvollen Pflanzen eigentlich, die oft recht unauffällig den Weg säumen? 

Die Naturschützerin, die vor allem mit einem botanischen Interesse an die Sache herangeht, hat da einiges beizutragen. Kräuter lieben häufig die mageren, trockenen Standorte. Manche sind nur weit oben zwischen Felsköpfen zu finden, Wind und Wetter direkt ausgesetzt. Im Bayerischen Wald ist Granit und Gneis vorherrschend. Noch prächtiger wird’s auf Kalk. Wer schon mal am Mittelmeer wilden Thymian gekostet hat, der ist enttäuscht vom heimischen Topfthymian, der zwar prächtig ins Kraut schießt, geschmacklich aber mit seinem wilden Bruder nicht mithalten kann.

Besondere Standorte im Naturpark

Im Naturpark Oberer Bayerischer Wald gibt es Standorte, die nachhaltig Schutz erfahren. Das Vorkommen von wilder Arnika beispielsweise wird sogar ein wenig geheim gehalten, um räuberische Blütensammler abzuhalten. Das Abreißen der Blütenköpfe verhindert ihre Fortpflanzung und bedeutet oft das Ende der ganzen Population. Arnica montana L., wie sie sich botanisch nennt, ist eine wertvolle Heilpflanze, die sich auf sonnigen Weiden wohlfühlt. Zu ihrem Schutz wird hier im Naturpark manchmal auch grasenden Schafen verboten, sich die Pflanzen vor Abwurf der Samen schmecken zu lassen. Der Rückgang der Arnica montana lässt sich auf den jahrzehntelangen Verlust von extensivem Grünland und unpassende Landnutzung zurückführen. Und damit sind wir bei der Nachhaltigkeit. Das Vorkommen seltener und wertvoller Kräuter ist oft Gradmesser dafür, wie wir mit unserer Landschaft umgehen.

So unauffällig viele Kräuter daherkommen, so gewaltig ist im Gegensatz dazu ihre Wirkung. Ein großer Teil unserer Arzneien basiert auf ihren Inhaltstoffen. Man denke auch an die heilkundlichen Forschungen der Hildegard von Bingen oder das reiche Wissen, das in Klöstern über die Jahrhunderte zum Thema entstanden ist. Einen schönen Einblick dazu gibt das Franziskanerkloster in Neukirchen beim Heiligen Blut. Seit 350 Jahren gedeiht hier ein herrlicher Garten, in dem sich alles um die Schöpfung, um gartenbauliche, gesundheitliche und ökologische Aspekte dreht. Von Mai bis Oktober ist er mit Führungen zugänglich und soviel darf gesagt werden: Hier gibt es eine Menge altes Gartenwissen zu entdecken.

Altes Wissen

Und altes Kräuterwissen kommt im Bayerischen Wald auch bei einer wunderschönen Tradition zum Ausdruck: Am 15. August, dem Feiertag Mariä Himmelfahrt, werden die „Kräuterbuschen“ geweiht. Pflanzen, die Mensch und Vieh hilfreich waren, wurden zu Sträußen gebunden und nach der Segnung an dunkle luftige Orte des Hauses, den Herrgottswinkel, den Dachboden oder auch in den Stall gehängt. Im Dunkel behielten die Pflanzen zudem ihre Heilkräfte und man konnte sich den ganzen Winter über gegen allerhand Beschwerden daraus bedienen. 

Beeindruckend in jedem Fall auch wie das umfangreiche Wissen über verschiedenste Heilwirkungen der Pflanzen von Generation zu Generation weitergegeben wurde. Den Mittelpunkt des Buschen bildet auch heute noch die Königskerze, auch Marienkerze genannt. Gegen Halsweh, Heiserkeit und Husten. Schafgarben und Johanniskraut dürfen nicht fehlen. Salbei, Alant, Spitzwegerich, Arnika, Beifuß, Lavendel, Ebereschenbeeren, Frauenmantel, Ringelblume und Kamille und noch viele weitere heilkräftige Pflanzen umrunden die Königskerze. 

Der Anzahl der verwendeten Kräuter kommt dabei auch noch eine magische Bedeutung zu. Sieben, neun, zwölf oder 99 Kräuter sollten es am besten sein. Die Sieben beispielsweise steht für die sieben Schöpfungstage. 
Verbrennt man bei Gewittern und Stürmen ein paar Pflanzenteile, ist man vor Blitz und Unglück gefeit. Sagt man.
Doch nicht nur als Blitzableiter werden Kräuter verbrannt. Das alte Ritual des Räucherns begleitet die Menschen seit jeher. Dem Kräuterduft wird dabei reinigende Wirkung für Wohnräume und Ställe nachgesagt und sogar Heilkraft für Kranke. In jedem Fall aber ein sehr sinnliches Ritual, das in unserer hektischen Zeit für ein wenig Ruhe sorgen kann, ganz abgesehen vom bezaubernden Duft, den Fichtenharz und Salbei hinterlassen.

Hochprozentiges aus Kräutern

Und dann gibt es da natürlich noch zwei sehr spezifische Kräuterspezialitäten des Bayerischen Waldes: Meum athamanticum und Potentilla erecta, und zwar in hochprozentiger, flüssiger Form. 
Bärwurz und Blutwurz. Unverkennbar und etwas eigenwillig. Echte Waidler also. Mit heilsamer Wirkung nach einem schweren Essen, ansonsten – wie auch bei allen anderen Kräutertrunken – beachte man die richtige Dosierung, da sonst der Schuss auch nach hinten losgehen kann.

Bärwurz und Blutwurz. Unverkennbar und etwas eigenwillig. Echte Waidler also.

Tipp: Und wer nun Feuer gefangen hat und nachhaltig mehr lernen möchte, für den bietet der Bayerische Wald viele Führungen durch Wald und Wiesen an, z.B. mit Kräuterexpertinnen

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