Mutterkuh mit ihrem Kalb auf der Weide im Bayerischen Wald

Käse, der nach Wiese schmeckt!

Ein sonniger Januartag. Diesmal ohne Schnee im Bayerischen Wald. Wir besuchen einen Biomilchhof. Der Bauer hat viel zu tun. Trotzdem haben wir zueinander gefunden. So geht’s an diesem klaren kalten Tag runter von der Autobahn, hinein in den hügeligen Vorwald, durch Dörfer mit alten Wirtshäusern und schließlich durch ein Wäldchen, hinter dem sich abrupt weitläufige Weiden auftun. Ohne Kuh. Stattdessen verlustiert sich dort gerade krächzend eine große Schar Vögel. Was die da wohl grad rausziehen aus dem Boden, fragen wir uns.

Container

Bio-Käse aus dem Bayerischen Wald

 Der Bauer rennt vorbei, parkt schnell einen Traktor um und will sich noch umziehen, weil er aus dem Kuhstall kommt. Im Laufschritt erledigt er diverse Handwerkerprobleme und Anfragen aus der Käserei. Landwirtschaft im Winter – früher war das mal ein Aufatmen, weil nix los war. Man spann Wolle, erzählte sich Geschichten und hat viel geschlafen. Das Gegenteil scheint hier der Fall zu sein. Jetzt ist er so weit. Umgezogen, wohlriechend und mit zwei Kaffeetassen in der Hand. 

„Nachhaltig“? Eigentlich eine seltsame Frage. Erste Aufzeichnungen seines Hofs lassen sich zurückverfolgen auf das Jahr 1250! Wäre hier nicht nachhaltig gewirtschaftet worden, gäbe es den Hof längst nicht mehr. Aber warum macht man plötzlich was anders? Zurück zum Biobauern und die Kühe raus aus dem Stall?

Es begann recht harmlos. Es brauchte nach der Hofübernahme eine neue Milchkammer. Während der Eigentümer da so vor sich hin mauerte, kam in seinem Kopf das eine zum andren und wurde immer größer. Die Milch kommt von seinen Kühen. Sie schmeckt eindeutig besser, wenn die Kühe Gras und Heu fressen. Diese Qualität bis zum Endprodukt zu halten, ist für die Bauersfamilie echte Wertschöpfung. 

Nicht umsonst ließen sie ihre Milch nebenbei von einem österreichischen Lohnkäser zu Rohmilchkäse verarbeiten. Abgesehen davon: Die Kuhherde wäre auf den Weiden eindeutig glücklicher. Kuhglück ist hier ebenso wichtig wie die Milch, von der man leben. Also, Kühe raus! 

Konsequent "Bio"

Und konsequent Heumilch und die A2-Milch, für die der Biohof 2022 beim Wettbewerb „Bayerns beste Bioprodukte“ mit Gold ausgezeichnet wurde, selbst verarbeiten und vermarkten. Wer „A2“ sagt, muss scheinbar auch „B“ wie „Bio“ sagen und „D“ wie „Direktvermarktung“. Die Milchkammer wurde immer größer. Trinkmilch, Joghurt und Butter aus eigener Herstellung folgten. 

Als man dann beim „K“ wie „Käse“ und „Käserei“ angelangt war, wurde es richtig aufwändig. Käsen ist Kunst! Und der Bayerische Wald schließlich nicht das Allgäu, wo es eine lange Käsetradition gibt. Den Bauern hatte der Ehrgeiz jetzt gepackt. Als sein Lohnkäser in die wohlverdiente Rente ging, war der nächste Schritt fällig: er lernte das Käsen selbst. Dass er sich dafür quer durch Europa beste Lehrmeister ausgesucht hat, kann man heute schmecken. 

Seine Käsesorten sind nicht einfach nur Bio-Käse. Wir probieren uns im Hofladen durch das Sortiment, das vom Buglkäse über Schnittkäse über Camembert bis zum Stilton reicht. Jeder anders. Und kann mit Schweizer oder Französischen Spezialitäten ziemlich gut mithalten, finden wir. Nicht ohne Grund beliefert er mittlerweile auch Feinkosthändler in München oder Hamburg. Aber auch ganz bodenständig zahlreiche Biomärkte und Käseläden der Region.

Der Käse verzeiht nichts
Biobauer

Wir reden über Landwirtschaft. „Der Käse verzeiht nichts“, sagt er. Er verändert Verhalten und Geschmack, wenn die Milch nicht passt. Und die hängt untrennbar damit zusammen, was die Kuh frisst. Dafür bewirtschaftet er allerhand Flächen. Die Wiesen bereichert er mit gesunden Kräutern, er baut Erbsen, Kleegras, Luzerne und Hafer an. Auf die Qualität des Heus achtet er penibel. Beim Schnitt der Wiesen lässt er Blühstreifen für Insekten, Feldhasen, Rebhühner und Rehe zurück. Die Düngung übernehmen die Kühe. Sie stehen fast ausschließlich auf Stroh, das als Festmist im Sommer zurück auf die Wiesen wandert. Jährlich verbessert sich dadurch die Bodenqualität, ernährt Pflanzen und Bodenlebewesen, und ist im Winter auch noch Nahrung für Vögel, die sich hier am Hof die Körner holen. Käseherstellung braucht viel Wasser. Auf dem Biohof ist das Quellwasser aus dem Bayerischen Wald. Besser und viel weniger kalkhaltig als das Wasser aus der Leitung.
„Den Hof gibt es seit 1250“, sagt der Bauer, „und ich wollte auf keinen Fall derjenige sein, mit dem das hier endet“. Drum war es wichtig, nachhaltig zu denken. Und radikal umzubauen. Veränderung, um etwas erhalten zu können.

Vor dem Stall stehen ein paar Kühe und werfen traurige Blicke hinüber zur Sommerweide. Vermutlich eine Winterdepression. Gegen die auf diesem Hof täglich etwas unternommen wird: bei allem Stress, den die Familie hier hat, muss immer noch Zeit sein, ihre Kühe zu streicheln.

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