Die beeindruckenden Rauchröhren am Kaitersberg im Bayerischen Wald

Mensch und Wald = ?

Das ist eine spannende Frage. Das Ergebnis hinter dem „Istgleich“-Zeichen??? Wir fahren – nicht zu verwechseln – heute in den NATURPARK Bayerischer Wald. Eben nicht zu verwechseln mit dem NATIONALPARK Bayerischer Wald. Auf der Fahrt dorthin verkünden die Nachrichten: Rein rechnerisch ist heute irgendwo auf diesem Planeten der achtmilliardste Mensch geboren worden. Puuh! Hier ist alles ruhig, trotz dieser beunruhigenden Nachricht recht menschenleer. Mitte November und noch immer ein Farbspektakel, wohin das Auge auch blickt. 

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Auf den Kaitersberg mit der Naturpark-Rangerin 

Die Wiesen beeindruckend grün, die letzten Blätter haben sich in gleißendes Gold gehüllt. Die Sonne blendet, man weiß nicht recht, wie dick man sich anziehen soll, aber dann wird es doch alles zu warm bergauf. Wir treffen die Naturpark-Rangerin Laura Wollschläger auf dem Wanderparkplatz am Kaitersberg.  
Um mit ihr eine Runde um diesen mehr als geschichtsträchtigen Felsbrocken zu drehen. „Rangerin“ wie die in Kanada, das wollte sie immer schon werden, erzählt sie. Und hat es geschafft, hier im tiefen Wald, als Fränkin, aus Fürth, eigentlich eine Großstadtpflanze. Die auf ihren Führungen von den älteren Einheimischen immer wieder allerhand heimische Geschichten erzählt bekommt. Eine wunderbare Arbeit, Geschichten weitertragen, Menschen durch diesen Wald führen. 

Kaitersberg, Arber oder Lusen zählen zu den begehrtesten Ausflugszielen 

Unsere Wanderung um den Kaitersberg 

bietet neben sagenhafter Naturschönheit auch sagenhafte Geschichten: Hier hauste der wilde Räuber Heigl. Der Heigl zählte wohl zu den vermeintlich „guten Räubern“, indem er bevorzugt Vermögende ausraubte. Der Robin Hood des Bayerischen Waldes also. Und die „Rauchröhren“, zwei hohe zylinderförmige Felsbrocken, die den Kaitersberg krönen, dienten im 30jährigen Krieg der Bevölkerung als Versteck vor den einfallenden Schweden. Die Felsen schirmten den hellen Schein der Feuer nach außen ab, der Rauch konnte nach oben abziehen. 

Kaitersberg, Arber oder Lusen zählen zu den begehrtesten Ausflugszielen des Bayerischen Waldes. Auch für Fotografen. Nachhaltiger Naturschutz funktioniert hier am besten ohne „Insta-Post“. Dann gibt es sie nämlich weiterhin, diese Tage, an denen man ganz allein da oben auf dem Berg stehen kann. So wie heute zum Beispiel. Beim Abstieg dann ein kleiner Schreck. Hier wurde gewaltig abgeholzt! Maschinen haben tiefe Spuren im Boden hinterlassen.  Naturpark heißt nämlich nicht Nationalpark. Im Naturpark ist der Wald auch wirtschaftlich mit uns Menschen verbunden. Nur der kleinste Teil des Naturparks ist Staatswald. Einige besondere Teile sind Naturschutzgebiete. Der größte Teil aber ist privater Wirtschaftswald. Aus dem die Waldbauern das „Käferholz“ natürlich schnell hinausschaffen. Und als Brennholz verkaufen, das derzeit unsere vielen neuen Öfen heizt!  
Die frisch abgeholzten Flächen wirken erstmal schockierend. Oft aber werden genau diese Flächen von einem Auerhahn besetzt, weil er die Lichtung liebt. Im Nationalpark haben wir bereits gelernt, dass die Brachen im Wald nicht unbedingt schlecht sind. Verjüngung kann stattfinden, der Wald stellt sich neu auf. Allerdings bleibt im Nationalpark das Totholz für Pilze und Insekten liegen – statt in unseren Öfen zu landen.  

Der Naturpark hingegen bezieht uns Menschen mit ein. Räuber oder nicht. 
Während der Nationalpark versucht, den Wald vor uns acht Milliarden streng zu beschützen, ist der Naturpark ein Miteinander von Mensch und Wald. Also eigentlich auch ein Experiment. Hier begegnen sich täglich unterschiedlichste Interessen. Wirtschaften, Wandern, Jagen, Radfahren, Bäume umarmen, Langlaufen, den Blick genießen, durchschnaufen und sich erholen. 

Bei der Frage, was den Naturpark „nachhaltig“ macht, kam eine klare Antwort. Bildung! 
Vermittlung, was Wald eigentlich leistet. Das beginnt schon bei den ganz Kleinen. Anton Auerhahn, Luki Luchs und ein paar weitere lustige Gesellen begleiten Schulkinder im Naturpark durch deren Alltag. Waldprojekttage und Ausflüge zum Thema Nachhaltigkeit und Artenschutz sind feste Bestandteile der Umweltbildung.  
Keineswegs nur für die Kleinen. 
 Die Rangerinnen und Ranger bieten übers Jahr zahlreiche Führungen und Wanderungen an. Walderkundung mit Gleichgesinnten. Wir begegnen dabei Schwefelflechten, die am liebsten „saures“ Gestein besiedeln und uns heute grell entgegenleuchten. Oder hören von den Eigenheiten der seltenen Kammmolche am Pfahl, die nur in fischfreien Tümpeln leben wollen. Die hier von Menschenhand neu angelegt werden.  Also, wie lautet nun die Antwort auf unsere Frage? Mensch und Wald? Was kommt dabei heraus? Der Wald beherbergt vieles, was überlebenswichtig für uns 8 Milliarden Menschen sein wird. Je achtsamer wir mit dem Wald umgehen, je mehr Respekt wir ihm entgegenbringen, umso mehr kann er uns zurückgeben. Wärmendes Holz, reine Luft, geheime Ruheoasen, das Schimmern seiner goldenen Blätter, Tautropfengeglitzer, seidene Spinnweben und das Murmeln seiner zahllosen Wasseradern. Mensch und Wald, das kann gut zusammengehen, finden wir. Am Wald liegt’s nicht.  
Mensch und Wald, das kann gut zusammengehen, finden wir.

LandGenuss Bayerwald

Tipp: Wer den nachhaltigen Abschluss seiner Wanderung im Naturpark sucht, dem sei die Einkehr in einem der Gasthäuser, die sich zum „LandGenuss Bayerwald“ zusammengeschlossen haben, ans Herz gelegt. Regional und köstlich.  

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