Hopfenanbau im Bayerischen Wald

Nachhaltig Bier trinken

Darf man nur so viel trinken wie gebraut werden kann? Oder soll man so viel brauen wie getrunken werden kann? Würde man beim Bier so denken wie Hans Carl von Carlowitz 1713 über die Nachhaltigkeit in der Forstwirtschaft, wären die Folgen fatal. Beschäftigen wir uns statt mit dem Konsum lieber mit der Herstellung dieses herrlichen Getränks. Im Bayerischen Wald gibt es dazu echte Experten.

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Besuch bei einem„Bierpapst“, Biersommelier, Brauer, Wirt und Hotelier 

Wir besuchen den „Bierpapst“ des Bayerischen Waldes, einen Biersommelier, Brauer, Wirt und Hotelier. Dazu geht’s weit hinauf. Als wir schon fürchten, dass hier nichts mehr kommt außer Bäumen, sind wir da. Wir betreten das Hotel durch einen Nebeneingang und finden uns von 6.000 Maßkrügen umgeben wieder! Wir staunen. Eine beeindruckende Sammlung, die mit zahlreichen Kuriositäten durch 100 Jahre Braugeschichte führt.

 An der Rezeption empfängt uns dann der Braumeister höchstpersönlich. Der zum Thema Nachhaltigkeit eine Menge zu sagen hat. Dabei geht es ihm vor allem um die Energie. Denn das Hotel mit seinen weitläufigen Wellnessanlagen sowie die Brauerei sind komplett CO2-neutral – und zwar gänzlich ohne Zertifikatehandel! Eines der wenigen Hotels weltweit übrigens. 

Geschafft wird das durch eine Holzverstromungsanlage. Sie erzeugt 2 Mio. kWh Strom und ca. 5 Mio. kWh Wärme pro Jahr, 4mal so viel wie Hotel und Brauerei selbst benötigen. Im Laufschritt dann durch sein Imperium. Wir sind erstaunt, wie durchdacht sämtliche Abläufe sind. 

Wärme, die bei der Holzvergasung mehr nebenbei anfällt, heizt die Pools. In der Küche geht’s weiter: Frisch, ehrlich, regional und bei der Stromerzeugung bemüht man sich auch beim Kochen, nichts zu verschwenden. Nebenan entsteht ein „Energiewald“ aus einer Pappel-Weiden-Kreuzung, die besonders frohwüchsig ist, und alle 5 Jahre „geerntet“ werden kann. 

Es gäbe noch viel zu schreiben. Wir sind uns sicher, hier gehen die Ideen nicht aus, denn man denkt bereits über die Herstellung von „Terra preta“ nach, schwarze Erde, die unglaublich fruchtbar ist und vor allem im Amazonasbecken anzutreffen. Eigentlich die logische Fortsetzung von Holzverstromung und Hotelbetrieb. Mit dem Ergebnis, Böden zu verbessern und alles wieder dahin zurückzugeben, woher es kommt. Ein Kreislauf. Wir sind beeindruckt. Geht doch! CO2-freier Urlaub, sich mit gutem Gewissen im geheizten Außenbecken treiben lassen und danach bestes Bier und regionale Köstlichkeiten genießen.

Die Wertschöpfung soll in der Region bleiben.

Brauer in fünfter Generation

Weiter geht’s, denn wir wollen noch zu einem „Kollegen“, einem Brauer in fünfter Generation, mit Herzblut und ebenfalls ungewöhnlichen Ideen. Das verwundert nicht, wenn man sich ein bisschen einliest in die Geschichte dieser Brauerei. 1890 wurde sie gegründet. Als Wagnermeister hatte der Brauer mehr Ambition als Brauerfahrung, das Bier war schlecht, was ihn aber keineswegs abschreckte. Er überzeugte die Kundschaft von den heilbringenden Wirkungen seines Getränks und hinterließ, als er mit 80 Jahren starb, mehrere heilkundliche Bücher. Die Begeisterung für die gesunde ursprüngliche Getreidesorten hat sich eindeutig weitervererbt. Die nachfolgenden Generationen eigneten sich aber zusätzlich auch noch das nötige Handwerkszeug an. 1931 übernahmen zuerst Sohn und dann Enkel die Brauerei. Hier versteht man das Handwerk. 2020 gewann das hier gebraute Bier „Schwarzer Hafer“ den Bio-Oscar – eine Auszeichnung, die für die besten Bioprodukte Bayerns vergeben wird. Der Schwarzhafer ist eine alte Sorte mit dunklen Körnern. Regional angebaut. Das ist dem Braumeister sehr wichtig. Er überzeugt jährlich die umliegenden Biolandwirte, für ihn Urgetreidesorten wie Einkorn, Emmer, Schwarzhafer oder Dinkel sowie Biogerste und -roggen anzubauen. Unabhängigkeit vom Ausland, von störungsanfälligen langen Lieferketten und von Zwischenhändlern. Die Wertschöpfung soll in der Region bleiben. Eine eigene Mälzerei und Sud vom eigenen Hopfenfeld machen die Brauerei zusätzlich autark. Und köstlich! Das neueste Projekt ist eine „Birreria“, die direkt neben der Brauerei entstanden ist. Die Inspiration dazu holte man sich in Italien. Und so gibt es zu den Bierspezialitäten herrlich duftende Pizzen. Geht gut zusammen, konnten wir feststellen. Die großzügige Architektur hat sogar noch Platz für Seminar- und Veranstaltungsräume. Auf Bierseminaren und im „1. Original Dinkelbier-Museum“ lässt sich Erstaunliches lernen und entdecken.

Wanderrunde Bier-Ge(h)nuss im ARBERLAND

Tipp: Deutschlands erster Bierfernwanderweg

Das „Arberland“, zentraler Teil des Bayerischen Waldes, hat sich für bierbegeisterte Gäste einen gewissen Ausgleich zum Biertrinken ausgedacht und seine zahlreichen Brauereien durch einen Wanderweg verbunden: Deutschlands erster Bierfernwanderweg. 124 Kilometer. Der Rundweg führt durch eine herrliche Landschaft – von Viechtach, über Bodenmais nach Zwiesel, über Teisnach wieder zurück nach Viechtach. Nachhaltiger als zu Fuß geht’s kaum und unterwegs locken zahlreiche kleine Brauereien zur Einkehr. 

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Bierkultur im Bayerischen Wald