No Insta im Woid!
Wer denkt, er war ja schon oft im Wald, wird im Nationalpark Bayerischer Wald eines Besseren belehrt. Es werden ihm die Augen übergehen, was ein Wald so veranstalten kann. „Der Wald braucht uns nicht“, sagt in einem Nebensatz recht lapidar ein echte Waidlerin, die wir später noch vorstellen werden. Man kann sich von ihr durch diesen zauberhaften Wald führen lassen. Das haben wir ausprobiert. Hinein in die Wildnis also beim Parkplatz in Finsterau. Ab da sind es noch drei Kilometer zur deutsch-tschechischen Grenze. Jahrzehntelang das Ende der westlichen Welt, die Grenze zur Tschechoslowakei.
Der Bayerische Wald war lang das „Armenhaus“ Bayerns. Statt fruchtbarer Äcker der Donauebene, offenem Weideland und Weinbergen, hatte man hier „nur“ Wald. Dann kam noch die Grenzziehung, geografisch gezogen oder politisch, jedenfalls eine Wand. Was blieb, war der Wald und von dem galt es sich zu ernähren. Mit ihm lebte man zusammen. Man musste drauf schauen, dass es ihm gutging und er als Lebensgrundlage weiter taugte. Ein Nationalpark wie dieser hätte deshalb vielleicht woanders gar nicht so mutig entstehen können.
Die Entwicklungen im ältesten Nationalpark Deutschlands werden mittlerweile wissenschaftlich begleitet – die dortige Forschungsabteilung hat sich weltweit einen Namen gemacht. Und sie kann Antworten auf viele Fragen geben.
- Was passiert eigentlich, wenn ein Wald einfach nur Wald sein darf, so wie das hier nicht ohne Widerstand vor 50 Jahren entschieden wurde?
- Was macht er mit seinen abgestorbenen Flächen?
- Wie passt er sich an steigende Temperaturen an – ohne die Einmischung des Menschen in einer Welt, die eigentlich im Kosten- und Nutzenmodus tickt?
Es ist eine gewaltige Chance, hier im Nationalpark Bayerischer Wald genau zu beobachten, was passiert, wenn der millimetergroße „Buchdrucker“ seinen Lebenssinn darin sieht, kranke und schwache Fichten ihrem schnellen Ende zuzuführen. Und der Mensch eben mal nicht eingreift. Puuuh!
Unsere Wanderung mit der Rangerin auf markierten Pfaden durch diesen wilden Wald ist beeindruckend.
Ein besonderes Gefühl, dass wir abseits gekennzeichneter Pfade diese Natur nicht betreten dürfen.
Mystisch, geheimnisvoll, Blicke in eine Welt, die nicht „insta“ ist.
Im Nationalpark lehrt der Wald. Extremismus in Sachen Nachhaltigkeit, könnte man das auch nennen. Ein alter Baum fällt um. Auf seinem Wurzelstock wächst ein neuer Baum. Moose siedeln sich an. Im Schatten und den Löchern, die seine stürzenden Wurzeln gerissen haben, entstehen feuchte Biotope für Amphibien.